DITF: Ersatz giftiger Chemikalien bei der Herstellung von Reifen und Förderbändern
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DITF: Ersatz giftiger Chemikalien bei der Herstellung von Reifen und Förderbändern

Dec 26, 2023

DENKENDORF, Deutschland – 7. April 2022 – Die Qualität von Verbundsystemen aus Kordeln hochfester Fasern wie Polyester, Aramid oder Polyamid und Matrixmaterialien aus Gummi wird maßgeblich von den Haftungseigenschaften der Fasern zur Matrix bestimmt. Im etablierten Herstellungsverfahren werden zur Verbesserung der Haftungseigenschaften Haftvermittler aus Resorcin-Formaldehyd-Latex (RFL) eingesetzt. Forscher der DITF zeigen Möglichkeiten auf, das gesundheitsschädliche Formaldehyd durch technisch gleichwertige und gesundheitlich unbedenkliche Stoffe zu ersetzen.

In Autoreifen, Förderbändern und Keilriemen sowie in vielen Anwendungen bei der Herstellung technischer Produkte werden Gummimaterialien durch Cord verstärkt. Zum Einsatz kommen hochfeste Fasern aus Polyester, Polyamid oder Aramid. Sie sorgen für die nötige Festigkeit und Steifigkeit des Gesamtverbundes und wirken äußeren Kräften entgegen. Dadurch können Verformungen, Dehnungen und Torsionen des Materials gering gehalten werden.

Diese Anforderungen an den Faserverbundwerkstoff können jedoch nur erfüllt werden, wenn eine ausreichend hohe Haftfestigkeit zwischen den Fasern und der Matrix (aus Gummi oder Kautschuk) besteht. Andernfalls ist mit einer Delamination der Materialverbunde, die in abwechselnden Lagen aus Gewebe und Gummi aufgebaut sind, zu rechnen. Materialversagen wäre die Folge.

Durch den Einsatz von Haftvermittlern wird die Haftung erhöht. Bewährt haben sich Chemikalien auf Basis von Formaldehyd-Resorcin-Latex (RFL). Sie werden als sogenannte Dips auf die Fasern aufgetragen und sorgen dafür, dass deren Haftung zur Gummimatrix deutlich verbessert wird. RFL ist als Haftvermittler etabliert, hat aber einen entscheidenden Nachteil: Seit 2014 wird Formaldehyd von der EU als nachweislich krebserregend und erbgutverändernd eingestuft. Die chemische Industrie ist daher dringend auf der Suche nach gesundheitlich unbedenklichen Alternativen.

DITF haben sich des Problems angenommen und ein neues, formaldehydfreies Beschichtungssystem entwickelt. Es basiert auf dem Stoff Hydroxymethylfurfural (HMF), der aus Holz gewonnen werden kann. HMF entsteht bei der thermischen Zersetzung von Kohlenhydraten. Es kommt in vielen wärmebehandelten Lebensmitteln wie Milch, Kaffee oder Fruchtsäften vor und gilt nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht als gesundheitsschädlich.

Auch aus technischer Sicht sind die am DITF entwickelten HMF-Dips vielversprechend: Bei Garnen aus Polyamid 6.6 genügt eine einfache Imprägnierung, um die gewünschte Haftungsverbesserung zu erzielen. Garne aus Polyester oder Aramid erfordern eine zusätzliche vorherige Plasmabehandlung oder eine Sol-Gel-Ausrüstung, um die notwendige Haftungsverbesserung zu erreichen. Die Anwendung des HMF-Dips ist unter den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Technologie wie bei RFL-Dips möglich. Zu diesem Zeitpunkt sind daher keine zusätzlichen Investitionen erforderlich, um den Haftvermittler in der Produktion auszutauschen.

Die bereits aufgezeigten Vorteile sollen ausgebaut werden. Das nächste Forschungsziel ist der Ersatz von Resorcin in der Dip-Formulierung. Denn Resorcin hat auch für den Menschen eine toxische Wirkung. In Zusammenarbeit mit Industriepartnern wird derzeit untersucht, inwieweit Resorcin durch Lignin ersetzt werden kann. Die Besonderheit des verwendeten Lignins besteht darin, dass es aus einjährigen Pflanzen gewonnen wird. Damit ist es im Gegensatz zum häufig verwendeten Holzlignin chemisch deutlich aktiver und bietet mehr Potenzial für die Weiterverarbeitung zu einem technisch vorteilhaften Haftvermittler.

Beide Ansätze, Chemikalien in Haftvermittlern durch gesundheitlich unbedenkliche Stoffe zu ersetzen, tragen den Gedanken des nachhaltigen Wirtschaftens durchweg: Die neuen Haftvermittler aus HMF und Lignin basieren auf natürlichen Rohstoffen. Die Lösung des Problems innerhalb einer anspruchsvollen, technischen Anwendung unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten spiegelt die Verpflichtung der Forschung gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen wider. Für die mittelständische Industrie sind die Forschungsergebnisse die Grundlage für Innovationen und damit ein echter Vorteil im internationalen Wettbewerb.

Gepostet: 7. April 2021

Source: Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung